Wie man die Lebenskraft bewahren kann – Teil 3

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Foto lila Iris-Blume

Demut und Lebenskraft (prāṇa) gehören zusammen. Diese wohlwollende innere Eigenschaft geht Hand in Hand mit der Lebenskraft. Demut ist eine Disziplin (niyama). Demut ermöglicht öffnendes Vertrauen sowie festen Glauben und mündet in Hingabe. Demut ist eine gute Quelle, damit sich die Lebenskraft umfassend und sehr solid im Leben manifestieren kann. Demut reinigt die Lebenskraft im Körper und ebenfalls in den 3 Schichten der mentalen Ebene.

Demut „webt“ Kraft und Frieden in die physische und in die psychische Substanz. Demut trägt Kraft, Frieden und Harmonie in Körper und Mental und ermöglicht einen massvollen Umgang mit den verschiedenen Lebensumständen, die sich im Laufe eines Lebens einstellen. Viele Schwierigkeiten entspringen einer bestehenden Disharmonie.
< Denn alle Probleme des Lebens sind im Wesentlichen Probleme der Harmonie. Sie entstehen aus der Wahrnehmung einer unaufgelösten Disharmonie und dem unbewussten Verlangen nach einer unentdeckten Übereinstimmung oder EINHEIT. > (Das Göttliche Leben, erstes Buch von Sri Aurobindo – 1872 – 1950).

Unter den wohlwollenden Kräften ist Demut diejenige, welche weitere gute Eigenschaften um sich scharen kann. Demut sammelt und vereinigt viele gute innere Kräfte, welche Harmonie in das Leben bringen, um so die Lebenskraft zu bewahren. < DEMUT ist wie die Schnur bei einem Rosenkranz. Ziehst du die Schnur heraus, rollen alle Perlen fort. > (Aussage eines christlichen Heiligen, dessen Name leider nicht bekannt ist). Demut ist der rechtschaffene Mut eines wahren Herzens. Demut bringt Harmonie und ist eine grosse Stütze beim Auflösen der Disharmonie. Demut hilft die Erschwernisse des Lebens massvoll, also harmonisch zu verändern und löst die „Knoten“ im physischen Körper und im Mental auf. Wenn ein Mensch in Berührung mit der Quelle der Lebenskraft (prāṇa) kommen möchte, dann ist Mässigung der mentalen Aktivität wichtig und somit der Pfad der Disziplin (niyama).

< śauca saṁtoṣa tapaḥ svādhyāya īśvara praṇidhānāni niyamāḥ >. So schreibt Rishi Patañjali im 32. sūtra des 2. pāda der Yoga-Sūtren. Die Reinigung (śauca) der stofflichen Substanz und genauso die Reinigung der mentalen Ebene mit ihren 3 Schichten werden von Demut unterstützt. Zufriedenheit (saṁtoṣa) ist eine Kraft, welche die Aktivitäten des „mentalen Teams“ (siehe Teil 2) besänftigt, die Bindung an das Denkvermögen löst und die bewegenden Wünsche des Egos schwächt. Demut fördert Zufriedenheit (saṁtoṣa) und entwickelt die Fähigkeit, Umstände zu akzeptieren. Annehmen, also akzeptieren können ist eine wichtige Grundlage, damit Gewohnheiten sowie gewohnheitsmässige Reaktionen losgelassen werden können. Genügsamkeit (tapaḥ) ist Mässigung und Mässigung bewahrt die Lebenskraft. Mässigung besänftigt das „mentale Team“ und ermöglicht dem Ich-Gefühl (Ego), beiseite zu treten, um einem geschmeidigeren, einem geduldigeren, einem sanfteren sowie einem umfassenderen Bewusstsein Raum zu geben. Demut und Mässigung (tapaḥ) gehen Hand in Hand und bewahren die Lebenskraft. Demut löst uns vom Machen wollen und bringt das Zulassen des Lebens hervor. Demut lehrt uns das Lassen, das Bezeugen, woraus Erkenntnis geschöpft werden kann. Ein gutes Verständnis über den physischen Körper mit seinen Funktionen, ein gutes Unterscheidungsvermögen über die mentale Ebene und eine Öffnung für das Verständnis des inneren Wesens dürfen sich kultivieren, dies bedeutet Selbststudium (svādhyāya). Demut bringt uns in Resonanz mit der Schwingung der Liebe, der Hingabe (īśvara praṇidhānāni). Demut ermöglicht guten Erfolg auf dem Pfad der Disziplin (niyama) und Disziplin bewahrt die Lebenskraft. Demut klärt und bewahrt die Lebenskraft. Demut befreit den physischen Körper von seinem Siegel, eine träge und unbewusste Materie zu sein. Demut klärt und bewahrt die Lebenskraft und befreit die mentale Ebene von ihrem Siegel, der Handelnde zu sein.
< Wenn du, während du grosse Taten vollbringst und gewaltige Ergebnisse zeitigst, erkennen kannst, dass du nichts tust, dann wisse, dass Gott das Siegel von deinen Lidern entfernt hat. > (Sri Aurobindo in: Sri Aurobindo oder das Abenteuer des Bewusstseins von Satprem, 1923 – 2007, ein bedeutender Schüler von Mirra Alfassa – die Mutter, 1878 – 1973). An dieser Stelle ein Auszug und eine Übersetzung von Sri Aurobindo: < Erkenntnis ist wahrlich besser als Übung, Meditation ist besser als Erkenntnis, Verzicht auf die Früchte des Handelns ist besser als Meditation. Auf Verzicht folgt Friede.> (Die Bhagavadgita, Kapitel 12, Vers 12 von Sri Aurobindo – 1872 – 1950).

Demut ist die Kraft, welche uns davor bewahrt, dass der eigene Charakter nicht verarmt und entwickelt die Fähigkeit, beiseite zu treten. Demut löst uns von dem Siegel, der/die Handelnde zu sein und fördert die Kraft, nicht nach den Früchten zu trachten. Diese wohlwollende innere Kraft eröffnet einen soliden Weg, um die Lebenskraft wahrhaftig zu bewahren und Frieden zu erhalten. Meditation ist besser als Erkenntnis, dies gemäss Auszug aus der Bhagavadgita von Sri Aurobindo. Meditation bewahrt die Lebenskraft, dies ist eine Wahrheit. Wir Menschen sind mentale Lebewesen und unsere Wohnstätte ist der physische Körper. Mental und Körper gehören zur manifestierten Schöpfung und Handlungen gehören zum täglichen Leben. Ein Verzicht auf die Früchte der Handlungen ist besser als Meditation, dies gemäss Auszug aus der Bhagavadgita von Sri Aurobindo. Die Schöpfung birgt in sich ein Geheimnis, vielleicht das Geheimnis eines wahren Fortschritts. Andernfalls wäre vermutlich das Vorhandensein einer manifestierten Schöpfung nicht notwendig und spirituelle Befreiung (mukti) würde durchaus genügen. (Aus Briefe über den Yoga von Sri Aurobindo, 1872 – 1950).

Im Zustand der Meditation erfährt man ein Entschwinden. Kehrt man aus diesem Zustand zurück und öffnet die Augen, so erfährt man, dass man immer noch im gleichen Leben wie zuvor lebt, in der gleichen Schöpfung. Die Voraussetzung für diesen Rückzug mit der Möglichkeit, in den Zustand der Meditation einzutauchen, dies setzt eine äusserste mentale Konzentration voraus. Es braucht die Fähigkeit einer äussersten mentalen Sammlung, damit alle Bewegungen im Mental verstummen können. Im Zustand der Meditation ist alles angenehm, man fühlt sich aufgehoben. Eine Fülle erhebt sich, alles ist voll, alles ist weit und alles ist gut. Dieser Rückzug, dieses Entschwinden bringt uns in Berührung mit Licht. Man fühlt sich wohl, man ist glücklich, und dies ist durchaus nicht zu verwerfen. Diesen Zustand darf man nicht gering achten. Es ist der Zustand, welcher „Yogis“ angestrebt und auch erreicht haben. (Inspiriert von Satprem, 1923 – 2007).

Jeder Mensch darf natürlich diesen Zustand für sich selber anstreben und einen entsprechenden Weg mit diesem Ziel wählen. Vielleicht ist jetzt der Moment gekommen, um darüber ein paar Hinweise von Satprem anzuhören, einem Menschen, welcher mit diesem Zustand der absoluten Stille, einem Menschen, welcher mit diesem Licht und der Weite selber umfassend in Berührung gekommen ist. „Dieser gute und angenehme Zustand des Entschwindens, welcher uns in Berührung mit Licht und Weite bringt und uns voll macht, dieser Zustand ist in Bezug auf das tagtägliche Leben in dieser Schöpfung so, als würde man für einige Minuten am Tag Sauerstoff bekommen. Dies reicht nicht aus.“ Dieser Rückzug und dieses Entschwinden gibt uns nicht die ewige Lebensenergie für jeden Augenblick unseres tagtäglichen Lebens in der Schöpfung. Wäre dieses Entschwinden, dieser Rückzug der Sinn des menschlichen Daseins, dann wäre die Schöpfung etwas Absurdes. Die gesamte manifestierte Schöpfung wäre ohne jede Bedeutung, sie wäre widersinnig (Satprem, 1923 – 2007, ein bedeutender Schüler von Mirra Alfassa – die Mutter, 1878 – 1973).

Diese Schöpfung, zu der jeder menschliche Körper und jedes Mental auch gehören, diese Schöpfung soll jedoch ihre grosse Bedeutung erhalten. Beginnen wir damit, die kraftvolle Lebensenergie zu reinigen, zu verfeinern und zu bewahren, welche uns am nächsten ist, dies ist die Lebenskraft, welche den Körper und das Mental durchströmt. Beginnen wir, uns auf günstige Eigenschaften zu konzentrieren, damit wir während den Übungsmethoden, welche den gesamten Körper, seine Atemfunktion und den Atem sowie die Schichten des Mentals einbeziehen, Loslösung/Verzicht entwickeln können. Es ist nicht unklug, eigenes Interesse daran zu wecken, um selber mit Yoga physischen, vegetativen und mentalen Gleichmut hervorzubringen.

Fortsetzung …